Casa del Puro testet fĂŒr Euch - Teil 12 -

Format: Toro (14,61 cm / 1,98 cm / RM 50)

Einzelpreis (29.08.2020): 9,80 €

Wissenswertes

Zum zweiten Mal testen wir eine Zigarre aus dem Universum des in Nicaragua tĂ€tigen Exilkubaners JosĂ© „Don PepĂ­n“ Garcia (s. Teil 9). Als Blender (Mischer) wie auch als Fabrikanten arbeiten er und seine Familie neben der Kreation eigener Marken auch mit anderen Zigarrenherstellern zusammen – etwa mit dem Ashton-Konzern fĂŒr die Marke Paradiso oder mit dem US-Amerikaner Pete Johnson aus Kalifornien, der dort als schwer tĂ€towierter Rockmusiker tĂ€tig war, bevor er seine Liebe zum Premium-Tabak entdeckte und – inspiriert vom eigenen Körperschmuck – seine eigene Zigarrenmarke „Tatuaje Cigars“ taufte. FĂŒr die Mischungen zeichnet Pete selbst verantwortlich; die Tabake fĂŒr Tatuaje bezieht er ĂŒberwiegend aus Nicaragua, und die meisten Serien werden dort, in EstelĂ­, in der Tabacalera „My Father Cigars“ der Garcias handgerollt. So verbindet sich Petes Vorliebe fĂŒrs KrĂ€ftige, Intensive – wie man sie von einem Metallica-Fan erwarten mag – mit PepĂ­n Garcias herausragenden Fachwissen und seiner Selbstverpflichtung gegenĂŒber seinen kubanischen Wurzeln. Kein Wunder, dass Tatuaje-Zigarren sich auch in Europa wachsender Beliebtheit erfreuen, besonders unter erfahrenen Rauchern – aber der neueste Streich des sympathischen BarttrĂ€gers, die „Mexican Experiment“-Serie mit mexikanischem San AndrĂ©s-Deckblatt und nicaraguanischer Einlage, ist etwas leichter als die sonst eher starken Tatuaje-Zigarren und dĂŒrfte auch Einsteiger begeistern! Wir haben uns fĂŒr das mittlere der drei Formate, die Toro mit 5 Ÿ“ (14,61 cm) LĂ€nge und RM 50 (1,98 cm) entschieden.

Aroma und Rauchverlauf

Die Zigarre mit dem schönen dunklen Deckblatt ist stark boxpressed und Ă€hnelt einer leckeren LandjĂ€ger-Wurst. Vorsicht, nicht reinbeißen! Die Pfeffrigkeit dieser WĂŒrste besitzt sie nur im ersten Zug nach dem AnzĂŒnden – dann entfaltet sich sofort eine schöne Balance zwischen SĂŒĂŸe und WĂŒrze. Kakao, gerösteter Kaffee, etwas Weihrauch und eine ganz leichte herbale Note durchdringen sich. Der Rauch ist wunderbar seidig, der Zug – wie fĂŒr boxpressed Zigarren typisch – angenehm leicht. Feine Röstaromen treten hinzu, auch ein Hauch Mandelgeschmack. Bald stehen die Kaffee-Töne weiter im Mittelpunkt, der Smoke wird ein wenig wĂŒrziger; daneben macht sich die charmante SĂŒĂŸe ausgereiften Tabaks breit. Die StĂ€rke liegt im mittleren Bereich. Das extrem leckere Geschmacksbild wird noch bunter: Sandelholz ist zu spĂŒren, Mokka mit Zucker, orientalische GewĂŒrze, auch Lakritze und Karamell; der Wrapper bringt schmelzige dunkle Schokolade ein – charakteristisch fĂŒr San AndrĂ©s-Tabak. Erdig ist die Laubrolle hingegen kaum. Im zweiten Drittel wird sie geringfĂŒgig stĂ€rker. Der tiefe Geschmack starken Kaffees liegt schön pikant auf der Zunge. IntensitĂ€t und Vollmundigkeit steigen linear an. Die SĂŒĂŸe gewinnt vorĂŒbergehend einen leicht an weichen Schnaps oder Likör erinnernden Charakter, als sei der Tabak in entsprechenden FĂ€ssern gereift, was aber gar nicht der Fall ist – faszinierend! Sehr balanciert, cremig und schmackhaft. Bald stehen verspieltere GewĂŒrznoten im Fokus, dann lĂ€sst die Aromatik eine Portion Mousse au Chocolat mit einem Espresso dazu vor dem inneren Auge auftauchen – hier fĂŒhlt man sich etwas an Oliva-Zigarren erinnert. Köstlich! Gegen Ende des Mittelteils werden die dunklen Geschmackskomponenten, auch die WĂŒrze noch etwas prĂ€senter. Im Schlussdrittel tritt eine dezent erdige Note hinzu; im Vordergrund stehen Kakao- und Mokka-/Espresso-Geschmack. Auch mehr tiefe Röstaromen sind zu schmecken. Die Kraft nimmt nochmals etwas zu, ohne dass die Zigarre je wirklich stark wĂŒrde. HerbsĂŒĂŸer Weihrauchduft kommt dazu. Wie viele nicaraguanische Smokes wird auch dieser zum Ende hin deftiger, kerniger, mit weniger SĂŒĂŸe, ohne aber an Wohlgeschmack einzubĂŒĂŸen. Aromatisch ist die Tatuaje im Finish sehr intensiv, regelrecht torfig, mit markanten edelherben Noten; aber auch die lieblicheren Töne dringen noch durch. Das Vorurteil, die letzten Zentimeter einer Zigarre seien als reiner „Nikotinfilter“ nicht mehr gut rauchbar, verweist sie ins Reich der Legende – nach knapp 80 Minuten herrscht Brandblasengefahr.

Fazit

Wie gesagt, Pete Johnson liebt harte Musik – daher sei hier der Vergleich mit einer Halbballade gestattet, die sehr harmonisch und melodiös beginnt, gefĂŒhlvolle Soli bietet und erst gegen Ende richtig abrockt, ohne je brachial zu werden – so etwa stellt sich der Rauchverlauf dieser großartigen Zigarre dar, die einen perfekten Mittelweg zwischen einschmeichelnd cremiger SĂŒĂŸe und wĂŒrzig-intensiver Geschmackstiefe bietet. Ideal ausgewogen, spannend zu rauchen, völlig unkompliziert im schnurgeraden Abbrand. Das Meisterwerk zum fairen Preis ermöglicht auch wenig erfahrenen Aficianados den Einstieg in eine Marke, die man wohl mit zu den besten non-Cubans rechnen darf. Experiment mehr als gelungen!

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