Casa del Puro testet fĂŒr Euch - Teil 11 -
Format: Toro (15,24 cm / 2,14 cm / RM 54)
Einzelpreis (15.08.2020): 8,40 âŹ
Wissenswertes
WĂ€hrend gewiss Nicaragua als bedeutendstes Zigarren produzierendes Land auĂerhalb Kubas angesehen werden kann, hat sich auch in der Dominikanischen Republik in den letzten Jahrzehnten neben dem AushĂ€ngeschild A. Fuente eine ganze Reihe ansprechender Marken etabliert, deren Erfolg und QualitĂ€t â wie im Hause Fuente â vielfach auf beeindruckende Familientraditionen und eine gute Vernetzung der Verantwortlichen zurĂŒckzufĂŒhren ist. Zu diesen zĂ€hlt Jochy Blanco, Tabakerzeuger in der 4. Generation, dessen Vater bereits 1925 die âTabacalera Palmaâ begrĂŒndete und damit den Grundstein fĂŒr die Produktion eigener Zigarren legte. Jochy selbst ist fĂŒr seine Teilhabe an der Firma âBoutique Blends Cigarsâ bekannt, deren Name schon seine Vorliebe fĂŒr in begrenzter StĂŒckzahl gefertigte Liebhaberzigarren anzeigt. Die in Europa bekannteste Marke von âBBCâ ist sicherlich âAging Roomâ; 2016 ging jedoch mit âLa Galeraâ ein neuer Stern am Himmel des Konzerns auf, dessen Produkte es umgehend in die Bestenlisten der Fachzeitschriften schafften. Der Markenname bezeichnet den Hauptraum der ProduktionsstĂ€tten, wo die Zigarren handgerollt werden, und ist als Hommage an den FleiĂ der Roller*innen gedacht. Es gibt auch eine Maduro- und eine Boxpressed- (â1936â-) Reihe sowie â ganz neu â eine mit hellen Connecticut-DeckblĂ€ttern; wir testen jedoch die Toro (6â / 54 = 15,24 cm / 2,14 cm) âEl Lectorâ der Standardserie, benannt nach den Vorlesern, die den Angestellten nach kubanischem Vorbild das Arbeitsklima verbessern sollen. Die Zigarre ist fast eine dominikanische Puro â ein wĂŒrziges Corojo-Umblatt umhĂŒllt Einlage aus Piloto, Criollo und speziellem Pelo de Oro- (âGoldhaarâ-) Tabak; nur der Wrapper ist ecuadorianischer âH 2000â- Sungrown.
Aroma und Rauchverlauf
Die Toro schmeckt anfangs nach Erde, Malz und Brotkruste und besitzt angenehme PfefferwĂŒrze ohne SchĂ€rfe. Eine erst dezente ledrige SĂŒĂe wird rasch markanter. FeinwĂŒrzige Töne von Anis und Lakritze treten hinzu, dann intensive, weiche Röstaromen, auch etwas Kaffee. Im Hintergrund hĂ€lt sich weiter der milde Pfeffer. Sie ist vom Start weg gut mittelstark. Eine tolle Balance von herzhaft-pikanter WĂŒrze und sanften Noten! Im Laufe des 1. Drittels wird der Smoke merklich cremiger, etwas sĂŒĂer und vor allem auf faszinierende Weise komplexer. Entsprechend exotisch die Geschmacks-Assoziationen: Man fĂŒhlt sich an LebkuchengewĂŒrz, den Duft von Nappaleder, ja gar an die Schlotzigkeit und Aromentiefe von Bratensauce erinnert. Im 2. Drittel wird die Zigarre zunĂ€chst nicht deutlich krĂ€ftiger; die Pfeffrigkeit macht sich ein wenig mehr bemerkbar. Die Aromatik verĂ€ndert sich hier nicht wesentlich, bleibt aber vielschichtig. Die Kaffee-Röstaromen und die ledrige Note werden prĂ€gnanter, insgesamt entfaltet sich ein Tick mehr WĂŒrze, wĂ€hrend die sĂŒĂe Komponente nun etwas an Wein gemahnt. Dann zieht sich der Pfeffer zurĂŒck; Mokka und Muskat sind zu erschmecken. Gegen Ende des Mittelteils wird die Toro ein bisschen stĂ€rker, die Aromatik âdunklerâ, mit etwas Weihrauch und einem Hauch Kakao am Gaumen. Untypischerweise ist die letzte Phase der wunderbar gleichmĂ€Ăig brennenden Zigarre die geschmacklich spannendste: Erst kommt Toastbrot ins Spiel, dann ein leichter Beigeschmack von Cognac, dann Zimt. Die Aromen Ă€ndern sich fast Zug fĂŒr Zug um kleine Nuancen. Die Grundtöne sind Leder und Lakritze; sĂŒĂe und pikante Noten wechseln. Dann wird die SĂŒĂe dominanter, der Pfeffer bleibt dezent im Huntergrund; auch die erdigen Facetten kommen zurĂŒck, die Power zieht etwas an. Zum Finish hin bleibt die Ledrigkeit zentral; ferner erinnert der Geschmack an Tabak, der in SchnapsfĂ€ssern gelagert wurde (was hier nicht der Fall ist); dazu Sandelholz. Die Rauchkonsistenz bleibt bis zu den letzten ZĂŒgen, die mit nussigen Tönen an Kuba erinnern, schmelzig.
Fazit
Diese Zigarre bietet enorm viel fĂŒr einen fairen Preis â nicht nur, dank perfekter Rollung, eine ĂŒppige Rauchdauer von ĂŒber 90 Min., sondern auch ein MaĂ an Abwechslung, IntensitĂ€t und KomplexitĂ€t, wie man es sonst eher von doppelt so teuren Zigarren kennt. Auch die EigenstĂ€ndigkeit des Geschmacksprofils ist bemerkenswert, man fĂŒhlt sich nur wenig an andere Marken erinnert. Wer aber z.B. die jĂŒngst hier vorgestellte A.J. Fernandez âDias de Gloriaâ mag, wird auch mit dieser glĂŒcklich werden. Allgemein ist die âLa Galeraâ ein Smoke, der â weniger wegen der (leicht ĂŒberdurchschnittlichen) StĂ€rke als auf Grund der geschmacklichen IntensitĂ€t und Vielfalt â den erfahrenen Aficionado etwas mehr als den Einsteiger ansprechen dĂŒrfte; aber auch unerfahrene GenieĂer könne sie ruhig probieren. Ein brandheiĂer Tipp fĂŒr den ausgedehnten, behaglichen Smoke am wohlverdienten Feierabend!